Im Gespräch mit Kristina Geppert zum Supervisionsangebot im Bundesprogramm „Z:T“ (2016-2019)
Über Kristina Geppert, Supervisorin und Dipl. Psychologin
Kristina Geppert ist freiberufliche Supervisorin (DGSv) / Dipl. Psychologin (BDP) und seit 2000 mit den Schwerpunkten Supervision und Coaching bei Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und Organisationen tätig. Seit 1990 ist sie beruflich im sozialen Bereich, in der Erwachsenenbildung sowie als Jugendbildungsreferentin für demokratische Prozesse in Schulen und Jugendinitiativen tätig.
Für die Geschäftsstelle Supervision und Coaching ist sie seit 2014 als Supervisorin tätig und bietet Supervisionen für ehren- und hauptamtliche Demokratieberater*innen im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ an.
Im Gespräch mit Kristina Geppert beleuchten wir, was Supervision leistet und welchen Wert das Angebot für die Demokratieberater*innen in Z:T haben kann.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Frau Geppert, Sie kooperieren bereits seit 2014 mit uns als Geschäftsstelle Supervision und Coaching. Was ist Ihre Motivation, sich im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ zu engagieren?
Kristina Geppert: Da für mich gelebte Demokratie vor der eigenen Haustür beginnt, finde ich den Ansatz sehr wichtig, Ehrenamtliche zu stärken, die sich in Sportvereinen, der Freiwilligen Feuerwehr oder Bürgerinitiativen der Gemeinden oder Regionen engagieren und sich mit aktuellen Themen der Zivilgesellschaft vor Ort auseinandersetzen. Einen demokratischen Umgang innerhalb der eigenen Organisation und eine konstruktive Streitkultur mit den Zielgruppen sowie in den Gemeinden vorzuleben, ist für mich der wirkliche Mehrwert des Programms „Zusammenhalt durch Teilhabe“.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Viele Demokratieberater*innen haben bisher noch keine Erfahrungen mit dem Beratungsformat „Supervision“. Wie erklären Sie das Beratungsformat? Warum ist Supervision attraktiv? Was kann das Format leisten?
Kristina Geppert: Supervision ist eine Beratung für die man sich pro Sitzung etwa 90 Minuten bis 3 Stunden Zeit nimmt. Dabei wird gemeinsam auf Augenhöhe zwischen Supervisor*in und Berater*innen das eigene Engagement und vor allem das praktische Handeln der Berater*innen in den Projekten besprochen. Es werden keine Themen vorgegeben oder „Patentrezepte verordnet“ - entscheidend sind die Fragen, Schwierigkeiten oder Probleme, die die Berater*innen für sich selbst analysieren wollen und für die sie praktische Lösungen benötigen. Die Supervisorin*der Supervisor unterstützt dabei mit Fragen, Ideen sowie methodischen Herangehensweisen.
Bei Gruppen- oder Teamsupervision werden die Meinungen, Vorschläge und Erfahrungen der anderen Teilnehmenden als wichtige Lösungsansätze einbezogen. Der Austausch zu ähnlichen Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen bei dem oft umfangreichen und kräftezehrenden Einsatz im Ehrenamt kann entlasten und dazu führen, dass man sich wieder mehr wertgeschätzt fühlt.
Um die Aufgaben und Ziele des eigenen Engagements immer wieder zu reflektieren, dabei aber achtsam und fürsorglich mit den eigenen Ressourcen umzugehen, wird Supervision in einem regelmäßigen Abstand und bedarfsbezogen durchgeführt, im Rahmen des Bundesprogramms Z:T bspw. quartalsweise: zur Kurskorrektur, Seelsorge und Qualitätssicherung.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Um ein konkretes Bild zu erhalten: Was passiert in einer Supervisionssitzung? Wie läuft sie ab?
Kristina Geppert: Gemeinsam wird entschieden, welche Themen besprochen werden. Neben dem Ziel, praktische Lösungen für schwierige Aufgaben der Berater*innen zu erarbeiten, soll auch die eigene Rolle und der Anspruch betrachtet werden, mit denen die Berater*innen ihr Engagement umsetzen wollen. Fragen aus dem Alltag der Berater*innen sind z. B.: „Wie kann ich bei meinen Kamerad*innen der Freiwilligen Feuerwehr die Mitbestimmung in der Vereinsarbeit fördern, während die Notfalleinsätze streng nach Regeln und hierarchisch organisiert sein müssen?“, „Wie gehe ich im Sportverein mit für den Verein hoch motivierten Sportler*innen um, die im gesellschaftlichen Umfeld als rechtsorientiert gelten und Mitspielende mit Migrationshintergrund ablehnen?“
Oft sind die Erwartungen, die von außen durch Gemeinden, übergeordnete Verbände oder politische Entscheidungsträger an die Wirksamkeit der Berater*innen gestellt werden, zusätzlich sehr hoch und die Umsetzung im Rahmen der Projekte herausfordernd. Die Zielstellungen werden analysiert, Möglichkeiten zur Umsetzung gesammelt und die Grenzen betrachtet, in denen sich die Berater*innen bewegen (müssen). Bisher Erreichtes wird gemeinsam gewürdigt, da auch dies im Alltag oft zu kurz kommt, aber als Quelle für neues Engagement sehr wichtig ist.
Es können aber auch eigene Frustrationen und Enttäuschungen der Berater*innen vertraulich besprochen werden (die Supervision unterliegt der Schweigepflicht nach außen für alle Beteiligten), da hier aus meiner Sicht oft eine Diskrepanz zwischen den praktischen Möglichkeiten, den eigenen Ansprüchen der Berater*innen und den Zielen des Programms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ besteht.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Die Demokratieberater*innen im Bundesprogramm sind vor allem ehrenamtlich tätig, die zeitlichen Ressourcen sind daher oft knapp. Einige Berater*innen stellen sich vielleicht die Fragen: „Lohnt sich der Aufwand? Welchen Nutzen kann ich für meine Demokratiearbeit aus einer Supervision ziehen?“ – Was würden Sie antworten?
Kristina Geppert: Supervision ist immer auch die Gelegenheit, im Alltag innezuhalten und auf die Ziele, die erreichten Ergebnisse und die eigene Situation zu schauen. Gerade wenn ich das Gefühl habe, zu viel tun zu müssen und dabei wenig Zeit zur Verfügung habe, sollte ich mir immer wieder die Zeit nehmen, zu prüfen, ob "der Kurs noch stimmt, auf dem ich segle, der Wind richtig steht sowie Segel und Mannschaft belastbar sind", um gemeinsam das anvisierte Ziel zu erreichen.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Gibt es aus Ihrer Sicht Themen und Fragestellungen aus dem Programmkontext, die in einer Supervision besonders gut bearbeitet werden können?
Kristina Geppert: Seit Programmbeginn sind die Anforderungen an die Berater*innen gewachsen. Zudem hat sich bei den Berater*innen auf Grund der zunehmenden Selbstreflexion oft auch eine kritischere Haltung zur eigenen Wirksamkeit entwickelt. Daher ist es wichtig, die Berater*innen in ihren realistischen Zielsetzungen zu stärken, damit sie kritisch mit ihren Erwartungshaltungen sowie dem Erwartungsdruck von außen umgehen können und Erreichtes würdigen können.
Ausgebildete, engagierte und reflektierte Berater*innen leisten einen enorm wichtigen Beitrag für die Gemeinwesenarbeit in ländlichen Regionen, die Unterstützung und Begleitung anderer Ehrenamtlicher und für eine demokratische Zivilgesellschaft. Bereits ihr eigenes Engagement und die selbstbewusste demokratische Grundhaltung der Berater*innen kann positiv auf das Verhalten weiterer Mitglieder und in die Strukturen der Vereine und Verbände wirken. Sich bewusst zu sein, wie die eigene (demokratische) Haltung wirkt, sollte in der Supervision für Berater*innen immer Thema sein.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Herzlichen Dank für das Gespräch!