Im Gespräch mit Alice Lanzke
Über Alice Lanzke, Journalistin
Alice Lanzke setzt sich bei den Neuen Deutschen Medienmachern für mehr Vielfalt in deutschen Redaktionen und eine diversere Berichterstattung ein. Sie bietet Medientrainings für NGOs an und betreut Publikationen, u. a. zu den Themen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Hate Speech, zu denen sie auch Schulungen und Workshops gibt. Als freie Journalistin ist sie vor allem für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk sowie diverse Print-Titel tätig. Ihre Schwerpunkte als Journalistin sind jüdisches Leben in Deutschland, Wissenschaft sowie die Kulturlandschaft Berlins.
Für die Qualitätswerkstatt Modellprojekte hat Alice Lanzke den Fachworkshop „Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit durch Modellprojekte“ ausgestaltet und die gleichnamige Arbeitshilfe verfasst.
Im Gespräch mit Alice Lanzke haben wir uns zu gelungener Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ausgetauscht und von ihr Praxistipps eingeholt.

Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Frau Lanzke, professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist herausfordernd und wird für Modellprojekte und deren Träger immer wichtiger. Auf den Punkt gebracht: Was macht für Sie eine gute, erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit durch ein Modellprojekt aus?
Alice Lanzke: Gute und erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zeichnet sich in meinen Augen dadurch aus, dass sie authentisch, professionell und selbstbewusst ist. Konkret meine ich damit, dass Modellprojekte auf der einen Seite natürlich eine möglichst große Bandbreite verschiedener Zielgruppen erreichen wollen und dabei die verschiedenen Tools nutzen, die im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit heute wichtig und möglich sind. Allerdings sollten alle diese Werkzeuge immer auch daraufhin geprüft werden, ob sie zum jeweiligen Modellprojekt passen: Brauchen wir wirklich einen Instagram-Account oder sind unsere Zielgruppen dort gar nicht unterwegs? Treffen die neuen Postkarten wirklich unseren Ton oder wirken sie wie ein Bruch zu unseren sonstigen kommunikativen Maßnahmen? Nicht alles, was in diesem Feld möglich ist, muss auch gemacht werden. Dazu gehört für mich ebenso, Presseanfragen auch mal abzusagen, wenn das Bauchgefühl nicht stimmt.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Sie haben es gerade bereits angesprochen: Für die Modellprojekte ist es wichtig zwischen den verschiedenen Möglichkeiten der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auszuwählen, was am besten zu ihrer Thematik und Zielgruppe passt. Wie kann es gelingen, den Fokus der Öffentlichkeitsarbeit richtig zu setzen? Wie finden die Modellprojekte das passende Medium, um ihr Anliegen voranzubringen?
Alice Lanzke: Den Anfang jedes Konzepts für die eigene Presse- und Öffentlichkeitsarbeit macht eine genaue Analyse der eigenen Zielgruppen. Wen wollen wir eigentlich erreichen? Für die Pressearbeit ist das relativ überschaubar: Da hier Journalist*innen im Fokus stehen, sind klassische Instrumente wie Pressemitteilung, Pressekonferenz und proaktive Interviewangebote die Mittel der Wahl, aber auch Twitter sollte in dem Zusammenhang nicht vernachlässigt werden. Zudem sind klassische Medien immer noch der zuverlässigste Weg, um die sogenannte allgemeine Öffentlichkeit zu erreichen. Doch Medienschaffende bilden nur eine der möglichen Zielgruppen. Zentral sind zudem diejenigen, die mit dem Modellprojekt angesprochen werden sollen. Umso wichtiger ist in meinen Augen eine möglichst genaue Kenntnis dieser Zielgruppe(n): Welche Kommunikationskanäle werden genutzt? In welchem Ton bzw. mit welcher Ansprache? Für Modellprojekte, die vor allem jüngere Menschen als Zielgruppe haben, werden die entsprechenden Social-Media-Kanäle relevant sein, bei anderen Modellprojekten können ganz traditionelle Kommunikationsmaßnahmen wie Flyer oder Aushang zielführender sein. Unabhängig davon sollte aber die zentrale Botschaft des Modellprojekts konsistent sein – sei es nun in einem Facebook-Posting oder einer Broschüre.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Sie selbst kennen das Themenfeld PR nicht nur als Journalistin. Auch als Projektleiterin haben Sie Öffentlichkeitsarbeit für Ihr Projekt betrieben. Welche Praxistipps können Sie Demokratieprojekten mit auf den Weg geben?
Alice Lanzke: Unterschätzen Sie den Aufwand nicht, den umfassende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit macht – vor allem im Bereich Social Media: Eine Facebook-Seite oder ein Instagram-Account sind schnell eingerichtet, die dauerhafte und regelmäßige Pflege all dieser Kanäle kostet allerdings Zeit. Stimmen Sie gleichzeitig Ihre verschiedenen kommunikativen Maßnahmen aufeinander ab. Wenn Sie zum Beispiel eine Veranstaltung planen, dann denken Sie rechtzeitig daran, diese in den eigenen Medien zu begleiten und zum Beispiel Fotos für den nächsten Flyer oder die nächste Broschüre zu erstellen. Bleiben Sie gleichzeitig authentisch – das hatte ich ja bereits zu Beginn ausgeführt. Und: Sehen Sie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auch als Möglichkeit, die Botschaften Ihres Modellprojekts auf kreative Weise auszuprobieren. Dieser Arbeitsbereich kann und soll Spaß machen, ein Aspekt, der vielleicht manchmal etwas zu kurz kommt...
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Um Modellprojekte im PR-Bereich zu unterstützen, wurde seitens der Qualitätswerkstatt ein Workshop angeboten und allen Projekten eine Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt, die wichtige Aspekte der Öffentlichkeitsarbeit komprimiert zusammenfasst. Aber darüber hinaus: Wo können sich Projekte Unterstützung holen, um ihre Öffentlichkeitsarbeit noch effektiver zu gestalten?
Alice Lanzke: Hier kann ich hoffentlich ein wenig Werbung in eigener Sache machen: Bei den Neuen deutschen Medienmacher*innen bieten wir ein umfangreiches Curriculum zum Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an, für die meisten Organisationen sogar kostenlos. Dabei halten wir die Seminare immer aktuell, neu im Programm haben wir zum Beispiel eine Schulung zum Thema „Podcasts für NGOs“. Wie man teilnehmen kann und alle weiteren Infos finden sich unter http://neuemedienmacher.de/medientrainings. Im Projekt wird auch ein regelmäßiger Newsletter mit Best-Practice-Beispielen und Praxistipps verschickt. Daneben lohnen sich die einschlägigen Branchen-Newsletter, etwa von „Newsroom“ oder „Xing“. Nicht zuletzt rate ich immer, sich untereinander auszutauschen: Welche Tools nutzt Ihr für Eure Presse- und Öffentlichkeitsarbeit? Mit welchen Journalist*innen habt Ihr gute Erfahrungen gemacht? Welche Grafiker*innen könnt Ihr empfehlen? All das sind Fragen, die sich am besten im direkten Gespräch klären lassen – zum Beispiel bei Veranstaltungen wie den GesBiT-Fachworkshops. Vielleicht wäre es ja eine Idee, mit anderen Modellprojekten in der Region einen regelmäßigen Stammtisch zum Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einzurichten? So könnte man das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden ...
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Herzlichen Dank für das Gespräch!