Im Gespräch mit Gerd Wermerskirch
Über Gerd Wermerskirch
Gerd Wermerskirch ist ausgebildeter Diplom-Politologe, Senior Project Manager (IPMA® Level B), akkreditierter PM-Trainer der GPM e. V. und Großgruppenfacilitator. Vor 22 Jahren ist er als Projektkoordinator in der Jugendberufshilfe und Jugendsozialarbeit im Landkreis Löbau-Zittau gestartet. Danach war er vier Jahre als Mobiler Berater gegen Rechtsextremismus in Brandenburg und anschließend beim Deutschen Entwicklungsdienst in Nicaragua tätig. Seit 2006 ist er selbständig als freier Berater im ARGO-Team in den Schwerpunkten der Gemeinwesenberatung, Organisationsentwicklung und des Projektmanagements unterwegs. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind Workshop- und Klausurmoderationen für Netzwerke und Non-Profit-Organisation.
Im Gespräch mit Gerd Wermerskirch haben wir uns zu Projektmanagementtools für Modellprojekte und aktuellen Entwicklungen im Projektmanagement ausgetauscht.

Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Herr Wermerskirch, Sie sind Senior Project Manager und haben für die Qualitätswerkstatt die modulare Fortbildung „Grundlagen des Projektmanagements“ konzipiert und umgesetzt. Welche PM-Kenntnisse sind aus Ihrer Sicht grundlegend, um die erfolgreiche Umsetzung eines Modellprojekts zu befördern?
Gerd Wermerskirch: Die Modellprojekte bringen die sozialen Kompetenzen häufig bereits mit. Kontextkompetenzen, wie beispielsweise Vertrags- und Änderungsmanagement, sind hilfreich. Wirklich dringend notwendig ist das ganze Planungshandwerk: Phasen- und Meilensteinpläne, Zielformulierungen, eine saubere Stakeholderanalyse. Solche Werkzeuge sind für die Umsetzung eines Modellprojekts von zentraler Bedeutung.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Sie hatten durch die beiden Fortbildungen „Grundlagen des Projektmanagements“ Gelegenheit, Einblicke in die im Bundesprogramm aktiven Modellprojekte zu erhalten und sind darüber hinaus auch als Berater für die C-Träger aktiv. Gibt es Ihrer Einschätzung nach bei Projekten aus dem Non-Profit-Bereich Aspekte des Projektmanagements, die besonders berücksichtigt werden müssen?
Gerd Wermerskirch: Viele Träger im Non-Profit-Bereich sind gezwungen fördermittelabhängig zu denken und manche sind in der Vergangenheit von Kürzungen betroffen gewesen. Diese Situation begünstigt defizitorientierte Denkweisen, welche verkürzte Handlungen und damit auch verkürzte Wirkungen nach sich ziehen. Dem entgegenzuwirken und eine chancenorientierte Sichtweise auf die eigene Arbeit zu erlangen – auch dabei kann Projektmanagement helfen. Gutes Projektmanagement kann einen Beitrag leisten, die Dinge wirklich zu durchdringen und zu erkennen, was die Projektanforderungen sind. Es gibt mehr Anforderungen als die, die das Bundesprogramm in seinen Leitlinien beschreibt.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Der Umgang mit begrenzen Ressourcen bleibt eine Herausforderung bei Projekten, die sich im sozialen oder demokratiefördernden Kontext bewegen. Im Vergleich zu profitorientierten Projekten müssen Modellprojekte sich dem jährlichen Förderrahmen anpassen und in diesem Kreislauf stetig neue Anträge stellen und sich den Fördermittelgebern gegenüber rechtfertigen. Denken Sie, dass sich aus einem guten Projektmanagement ein ganz eigener Nutzwert, gerade für Non-Profits, ergibt?
Gerd Wermerskirch: Hierzu muss ich folgendes vorausschicken: Es hat mich erstaunt, wie viele der 32 Projektakteur*innen, die ich im Rahmen der beiden Fortbildungen kennenlernen durfte, oft auch eine Art „Einzelkämpfer*innen“ sein müssen. Angesichts der begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen in der Demokratieförderung kommt daher aus meiner Sicht dem Selbstmanagement eine sehr wichtige Rolle zu. Gerade unter den geschilderten Umständen ist es unabdingbar, sich extrem gut selbst zu organisieren und über die eigene Wirksamkeit Bescheid zu wissen. Denn nur so können die Projektakteur*innen den Sinn ihrer Arbeit erfahren, der Ihnen die notwendige Motivation zum Weitermachen gibt.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Projektmanagement ist ein Thema, das sich beständig weiterentwickelt. Welche Trends sehen Sie? Welche Entwicklungen zeichnen sich im Projektmanagement ab?
Gerd Wermerskirch: Zu nennen sind hier sicherlich Ansätze des agilen Projektmanagements, z. B. Scrum. Aus dem Scrum-Manifest lassen sich verschiedene Dinge lernen. Eines davon ist das 4-Augen-Prinzip, woraus sich u. a. Mindestteamgrößen ergeben. Eine Arbeitsteilung beruht also nicht nur auf den verschiedenen im Team vorhandenen Fähigkeiten, sie ist vielmehr bereits selbst methodisches Qualitätsmerkmal. Zudem müssen Demokratieprojekte auf politische Ereignisse und Veränderungen reagieren können. Scrum bietet mit seiner „Sprint-Logik“ eine Möglichkeit, wiederkehrend Prüfschleifen in überschaubaren Zeitabständen einzuziehen. Aber Achtung: Bei der agilen Methodik ist immer darauf zu achten, den passenden Rhythmus zu finden. Kein Teammitglied darf sich in der zugewiesenen Rolle unwohl oder überfordert fühlen.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Können Sie uns zum Abschluss noch einen Materialtipp, eine Handreichung, vielleicht auch eine Website nennen, auf der Modellprojekte sich zu Projektmanagement-Tools informieren können?
Gerd Wermerskirch: Eine aus meiner Sicht gewinnbringende Möglichkeit ergibt sich aus einer Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (GPM), auch wenn diese natürlich kostenpflichtig ist. Darin enthalten ist der Bezug der Zeitschrift „projektMANAGEMENT aktuell“ sowie der Zugriff auf deren Archiv. Dort finden sich eine ganze Reihe von guten, praxisbezogenen Artikeln. Neben klassischen PM-Themen gehören dazu auch Ansätze aus der Organisationsentwicklung, wie z. B. WorldWork oder Design Thinking.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Herr Wermerskirch, herzlichen Dank für das Gespräch!