Im Gespräch mit Martina Dömling
Über Martina Dömling
Martina Dömling ist Erziehungswissenschaftlerin und Ethnologin M.A. und ausgebildet als systemische (Organisations-)Beraterin, Supervisorin und Coachin (DGSv), Gendertrainerin und Prozessbegleiterin. Als Bildungsreferentin im internationalen Projektmanagement von NGOs und als Organisationsberaterin von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und kleinen Unternehmen kennt sie den Alltag von Projektarbeit aus eigener Erfahrung. Sie arbeitet freiberuflich vorwiegend mit NGOs mit den Schwerpunkten Führungskräftestärkung, strategische Projektentwicklung und -steuerung, Partizipation, Empowerment sowie Teamentwicklung.
Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ engagiert sie sich u. a. im Rahmen der Qualitätswerkstatt Modellprojekte (QMP) als externe Fachberaterin für die geförderten Modellprojekte.
Die externe Fachberatung ist ein Format, bei dem Vertreter*innen von Modellprojekten vor Ort bei aktuellen Herausforderungen im Bereich des Projekt- und Qualitätsmanagements unterstützt werden. Die Qualitätswerkstatt kooperiert dabei mit einem Pool von 7 Fachberater*innen, die über langjährige Erfahrungen in der Begleitung von Non-Profit-Organisationen verfügen. Ein Beratungsprozess umfasst in der Regel 3 Tage (21 Stunden) pro Modellprojekt. Das Angebot ist für die beratenen Projekte vertraulich und kostenfrei.
Im Gespräch mit Martina Dömling haben wir uns insbesondere zur externen Fachberatung ausgetauscht.

Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Frau Dömling, bereits seit über 10 Jahren beraten und begleiten Sie zivilgesellschaftliche Akteure und Organisationen. Ihr beraterisches Betätigungsfeld ist sehr vielfältig – was macht für Sie den Reiz der Unterstützung von Demokratieprojekten in Bundesprogrammen aus?
Martina Dömling: In diesen Projekten sind kompetente und engagierte Menschen unterwegs, die in einem oft spannungsreichen Umfeld agieren und den Anspruch haben, sehr unterschiedlichen Anforderungen von innen und außen gerecht zu werden. Demokratie muss immer wieder neu im Alltag hergestellt, „errungen“ und gleichzeitig entlang der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen und Anforderungen weiterentwickelt werden. Auch in den Projekten müssen die Absichten und Ziele mit den Anforderungen des aktuellen Tagesgeschäfts, die von innen und außen kommen, in Einklang gebracht werden. Die Fachberatung bietet den Akteur*innen dabei Momente des Innehaltens, Kommunikations- und Reflexionsräume, die in den Projekten im Alltag mitunter verloren gehen. Drei Aspekte scheinen mir dabei grundlegend: Innehalten (Wo stehen wir?), Resümee (Was haben wir erreicht?), (Neu-)Ausrichtung und Steuerung (Wohin wollen wir weiter und wie wollen wir dorthin?). Der Reiz für mich ist, die Akteur*innen in diesem Raum zu begleiten, sie in ihrem strategischen Verständnis, ihrer Umsetzungskraft und Motivation zu stärken, sie bei der Ausrichtung und Gestaltung durch Methoden und Fragen zu unterstützen. Mich faszinieren besonders die Momente, in denen ein Neu-Verstehen von sich, der Organisation und der „Welt“ den Handlungsspielraum erweitert und neue Lösungen bringt, die vorher nicht sichtbar waren – und damit Organisation, Projekt und Beteiligte voranbringt.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Sie haben es bereits angesprochen – Modellprojekte im Bereich der Demokratieförderung arbeiten in einem spannenden, zum Teil auch sehr herausfordernden Arbeitsumfeld: begrenzte personelle Ressourcen, eine kontroverse öffentliche Debattenlage sowie manchmal schwierig zu erreichende Zielgruppen. Wie kann die externen Fachberatung da konkret helfen?
Martina Dömling: Die Klärung der Ziele und die Ausrichtung des Projekts ist ein wichtiger Schritt. Dabei ist es wichtig zu wissen: Was können wir tun und erreichen? Aber auch: Was können oder wollen wir nicht? Die Fachberatung kann dabei unterstützen: Das Wissen um die eigene Rolle im Projekt und das Wissen um die Rolle des Projekts im Umfeld und Netzwerk mit den Möglichkeiten und auch den Beschränkungen kann gerade bei den zahlreichen Herausforderungen wertvoll sein und auch entlastend wirken. Vor allem, wenn es gepaart wird mit einigen grundlegenden Planungs- und Strukturierungstools, die in der Fachberatung vermittelt werden können.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Im Gegensatz zu längerfristig angelegten Coachingformaten ist die externe Fachberatung ein zeitlich begrenztes und auf aktuelle Herausforderungen konzentriertes Unterstützungsangebot. Aus Ihrer bisherigen Beratungserfahrung: welches Fachwissen und welche Tools werden von den Projekten besonders stark nachgefragt?
Martina Dömling: Alles rund um die strategische Projektplanung bzw. Projektentwicklung wird oft und gerne genutzt. Häufig nutze ich Tools aus der Organisationsberatung, um sowohl formelle als auch informelle Strukturen der Organisation bzw. des Projektes besser sicht- und verstehbar zu machen wie Stärken-Schwächen-Analyse, Stakeholder- und Umfeldanalyse, Zielgruppenanalyse. Um Akteur*innen und Organisationen zu empowern, sind Reflexionstools für die eigene Rolle und für die Geschichte der Organisation hilfreich.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: In welchen Settings findet so eine Fachberatung statt? Können neben der Projektleitung auch alle anderen Projektmitarbeitenden eingebunden werden?
Martina Dömling: Das Setting hängt auch von der Organisation und dem Projekt ab. Wenn möglich arbeite ich gern in der Kombination: Einerseits die Leitung coachen – hier kann es beispielsweise um die eigene Rolle und den Umgang mit den zahlreichen Anforderungen gehen – und andererseits die Fachberatung im Team. Hier liegt der Schwerpunkt oft bei der gemeinsamen Projektorganisation und der strategischen Projektentwicklung. Die Projektmitarbeitenden sollten möglichst eingebunden sein. Sie kennen ihren Arbeitsbereich am besten und die Kommunikation im Team ist hilfreich, um ein gemeinsames Grundverständnis herzustellen und eine gemeinsame Ausrichtung zu finden.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Gibt es besondere Erfolgsmomente, die Sie in Ihrer bisherigen Beratungsarbeit erfahren haben? Was möchten Sie Projektverantwortlichen mitgeben, die vielleicht zögern, ein solches Unterstützungsangebot in Anspruch zu nehmen?
Martina Dömling: Was ich immer wieder als Erfolg erlebe, sind Momente der Erleichterung und Energie- und Motivationsschübe. Das passiert gern bei zwei Gelegenheiten: Wenn mitunter diffuse und vielfältige Aufgabenberge und Erwartungsdruck gemeinsam unter die Lupe genommen werden können, genau angesehen, (aus)sortiert und priorisiert werden und womöglich konkretisiert und strukturiert in Päckchen und realistische Zeitpläne gepackt werden können, fällt Mitarbeitenden und Verantwortlichen meist eine Last von den Schultern. Wenn wir gemeinsam über anstrengende oder unangenehme Situationen sprechen, wie sie in- und außerhalb von Projekten gelegentlich auftreten, oder es in der Fachberatung den Raum dafür gibt, Sorgen, Ängste, Befürchtungen oder auch missglückte Kommunikation, Spannungen, Konflikte anzusprechen, dann schafft das Platz für neue Energie und Motivation. Das Angebot ist, einen Schritt zurückzutreten und mal draufzuschauen. Dinge und Situationen besprechbar zu machen, Diffusität aufzulösen, zu einem gemeinsamen Verstehen und Verständnis zu kommen und eine innere und äußere klare Ausrichtung herzustellen – dies kann ein wesentlicher Gewinn der Fachberatung für Menschen und Organisationen sein.
Qualitätswerkstatt Modellprojekte: Frau Dömling, herzlichen Dank für das Gespräch!